Die andere Seite / The Other Side
Spiegel und Spiegelungen in der zeitgenössischen Kunst
Mit der Ausstellung "Die andere Seite - Spiegel und Spiegelungen in der zeitgenössischen Kunst" beleuchtet das Belvedere unterschiedliche ästhetische und symbolische Aspekte der reflektierenden Fläche. Diese hat traditionell kunst- und kulturgeschichtliche Bedeutung. So repräsentierte der Spiegel in antiken Kulturen das Abbild der Seele, er stand in der Kunst des europäischen Mittelalters sowohl für Keuschheit, Vergänglichkeit, Sinnesfreude als auch für Putzsucht und war im Barock ein Symbol der Vanitas. Er gilt als Medium der Selbstwahrnehmung, als Gerät der narzisstischen Selbstverdoppelung sowie als Kultgegenstand magischer Beschwörung übersinnlicher Kräfte. Seine metaphorischen Bedeutungen sind vielfältig und widersprüchlich.
In der zeitgenössischen Kunst hat die Beliebtheit des Spiegels viele Ursachen: So bringt er in einer zunehmend säkularen Zeit die Ebenen der Transzendenz und der Magie ins Spiel, er betont auch jenen Aspekt der narzisstischen Selbstüberhöhung, der in einer medialen Umgebung von Castingshows, Model-Wettbewerben und Talkrunden zu einer gesellschaftlichen Leitidee wurde. Im 20. Jahrhundert emanzipierte sich der Spiegel vom Objekt der Darstellung zum Material sowie zum Gegenstand der Kunst selbst. Er wird sowohl Trägermedium als auch Kristallisationspunkt philosophischer und psychologischer Auseinandersetzung. Die Spiegelikonografie erhielt nicht zuletzt durch die Medien Foto, Video und Film neue Facetten.
Die Ausstellung und der Katalog zeigen Skulptur, Installation, Fotografie, Video und Film, u. a. von John Armleder, Pierre Bismuth, Jean Cocteau, Elmgreen & Dragset, Douglas Gordon, Elke Silvia Krystufek, Bruno Peinado, Michelangelo Pistoletto, Gerold Tagwerker, Franz West, Erwin Wurm und Heimo Zobernig.